Dass ich hier ein künstlerisches Team habe, das sich sehen lassen kann, ist mir sehr bewusst und ich habe irgendwie das Gefühl, sie würden sich heuer für mich besonders ins Zeug legen. Es sind alle sehr motiviert und die Stimmung unter allen, die hier mit der Bühne zu tun haben, ist grandios.
SCHNAPPEN.AT: Ist ob der beginnenden Abschiedssaison auch Wehmut dabei?
SCHELLENBERGER: Wehmut ist das falsche Wort. Natürlich waren die letzten Wochen emotional schwierig aber die Gewichtung ist jetzt für mich so, dass ich aus diesen fünf, sechs Jahren viel Erfahrung, die Freude und den Enthusiasmus mitnehme. Das kann mir niemand nehmen. Die Produktionen hatten jedes Jahr eine andere, aber deutlich meine Handschrift, eine andere Herangehensweise, ein anderes Leadingteam und brachten eine tolle Weiterentwicklung der Seefestspiele. Die Bodenständigkeit und die Verbindung zu dieser Region und ihren Menschen wird bei mir auch nach meinem Abgang bestehen bleiben.
Die Menschen hier schätzen meine Authentizität. Es ist mir gelungen die Seefestspiele wieder zu ihren Spielen zu machen. Angefangen von den vielen Kindern aus Mörbisch bis hin zu den Winzern und allen anderen habe ich versucht, so viel wie möglich aus der Ortschaft in die Produktion einfließen zu lassen. Die Mörbischer hatten das Gefühl, dass ich sie mit einbeziehe und dem war auch so. Als ich kam war da eine gewisse Mauer zur Bevölkerung und es ist gelungen diese zu beseitigen. Unsere Bühne und unser Mörbisch gehört einfach zusammen.
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SCHNAPPEN.AT: Wie hat sich Mörbisch in den Jahren ihrer Intendanz weiterentwickelt?
SCHELLENBERGER: Es war nicht einfach, denn ich kam zu einem Zeitpunkt als bereits im Jahr davor ein massiver Zuschauereinbruch verzeichnet wurde. Wo also setzt man an bzw. wo stärkt man den Bestand, wo er bestärkenswert ist und wo greift man ein, wo Änderungen nötig sind? Ich hatte dabei unendlich viele Ideen und es gab in der Tat genug Bereiche, bei denen ich mich mit meiner ganzen Theatererfahrung rasch einbringen konnte.
Bald ist dabei ein Team für den künstlerischen Bereich vom Background, der Maske, dem Umkleideteam, der Technik, dem Chor, Orchester, Statisten und Solisten usw entstanden, das bis heute auf höchstem Niveau arbeitet. Meine Bekannheit hat bewirkt, dass mehr und mehr tolle Mitarbeiter zu uns gestoßen sind. Und wie gesagt, spüre ich, dass sie sich in meiner letzten Saison über Maßen hineinsteigern. Ich weiß zu schätzen, dass sie so hinter mir stehen.
Junges Team & Operette mit Bodenständigkeit
SCHNAPPEN.AT: Es gelang jedenfalls den Zuschauereinbruch zu stoppen und alles wieder zu stabilisieren bzw. einen Trend nach oben zu erwirken. Warum?
SCHELLENBERGER: Mir war es wichtig, jedes Jahr einer Produktion ihre eigene Handschrift zu verleihen. Daher gab es auch jedes Jahr ein neues Leadingteam voller neuer Ideen. Und gab es auch immer eine langfristige Planung, damit die Sachen und Prozesse reifen konnten.
Angefangen vom jungen Team für die Beleuchtungen musste in allen Bereichen sehr weitblickend agiert werden, damit zeitgemäß die notwendigen Leute auch greifbar waren, wobei mir mein Zugang zu den Künstlern dieser Welt sehr geholfen hat die besten Leute für die jeweiligen Partien zu bekommen.
Operette mit Bodenständigkeit ohne in die Werke einzugreifen, war immer oberstes Gebot. Natürlich setzten wir auch auf modernste Technik und viele tolle, spezielle Effekte bzw. auch auf den einen oder anderen aktuellen gesellschaftspoltischen Einwurf aber in ihrer Substanz wurde eine Operette auch bei gewisser Modernisierung niemals verändert.Schon gar nicht, damit sich jemand selbst verwirklichen konnte.
Mörbisch steht bei aller künsterlischen Freiheit für den Regisseur für die klassiche Operette in ihrer höchsten Qualität. Dass man dabei die große Bühne auch mit oppulenten Balletten und vielem mehr an Spektakulärem füllen muss, ist für mich kein Widerspruch. Letztlich sollen sich die Leute hier unterhalten, entspannen und entschleunigen.
Ballett auch beim "Vogelhändler" wichtig
SCHNAPPEN.AT: War ihnen das Ballet immer wichtig?
SCHELLENBERGER: Ja, und darum ist es auch heuer wieder eine wichige Komponente,.Obwohl der Vogelhändler an sich keine große Ballettoperette ist, haben wir trotzdem 10 Stücke im Programm.Diese Bühne bietet einfach den perfekten Rahmen dazu.
hochmoderner Orchestersaal und überdachter Bereich
SCHNAPPEN.AT: Auch das äußere Erscheinungsbild der Seefestspiele hat sich in ihrer Äera verändert?
SCHELLENBERGER: Das hat schon beim Marketingbereich begonnen, wo ich einige Sponsoren persönlich an Land gezogen habe. Wichtig war mir auch, dass das Orchester von den kastastrophalen Zuständen im Bühnengraben in einen hochmodernen Orchestersaal, der höchste Klangqualität garantiert, übersiedeln konnte. Wichtig ist auch der neue überdachte Bereich, wo wir rasch 6.000 Leute ins Trockene bringen können und auch für die Gastronomie wurden neue Möglichkeiten geschaffen.
SCHNAPPEN.AT: Heuer steht der Vogelhändler am Programm. Was waren da bei den Proben die Herausforderungen?
SCHELLENBERGER: Ich habe in meiner ganzen Karriere noch keine so harmonische Probe mit top vorbereiteten Künstlern erlebt. Und dazu mit Axel Köhler einen tollen Regiesseur, der mit Feingefühl, Überlegenheit und Gelassenheit das Ganze geformt hat. Er hat auch bei den Doppelbesetzungen jedem Darsteller seine Besonderheit belassen und nicht alles auf Gleichheit getrimmt. Dadurch hat das Stück einen gewissen Charme. Alex ist ein absoluter Könner. Das spüren die Akteure sofort.
Wir haben bei jeder Probe sehr viel weiter gebracht und sind insgesamt so rasch vorangekommen, dass am Ende noch viel Zeit war, in Ruhe an den Details zu feilen. Eine derart stressfreie Probe war der reinste Genuss.
Es war auch heuer erstmals Armella Müller von Blon für die Kostüme alleinverantwortlich und was sie zum großen Teil aus dem bestehenden Fundus gezaubert hat, ist einfach sensationell. Sie trug wesentlich zur kreativen, imposanten Bildersprache bei.
Auch mit dem musikalischen Leiter, Gerrit Prießnitz, war die Zusammenarbeit grandios. Ihm prophezeie ich eine Weltkarriere, denn es ist einmalig, was er in seinem Fach zustande bringt.
Vor 20 Jahren "Vogelhändler" zuletzt in Mörbisch
SCHNAPPEN.AT: Wann wurde der Vogelhändler eigentlich zuletzt gespielt?
SCHELLENBERGER: In Mörbisch wurde er insgesamt bisher nur dreimal gespielt und seit 20 Jahren nicht mehr. Daher sind die Leute schon sehr gespannt auf die neue Produktion. Viele wollen den Vogelhändler wieder sehen und viele auch zum erstenmal. Der Vorverkauf läuft jedenfalls sehr gut und die Hoffnung auf eine erfolgreiche Saison ist berechtigt.
Wir nehmen das Stück nicht aus der Zeit, wobei es mit seinen beliebten Melodien beim Publikum mit Sicherheit ankommen wird. Der Vogelhändler hat auch Möglichkeiten die aktuellen Bezüge etwas zu reflektieren, was diesmal im 2. Akt passieren wird und insgesamt wird die Vorstellung inklusive einer Pause um 23.30 fertig sein.
Hochzeit: Intendantin heiratet nach Mörbisch-Saison
SCHNAPPEN.AT: Was würden sie gerne nach der letzten Vorstellung sagen können?
SCHELLENBERGER: Nach der letzten Vorstellung sage ich einfach danke für die Zeit mit jedem einzelnen, denn die Zeit in Mörbisch war eine große Bereicherung in meinem Leben. Ich hoffe, dass ich mich dann auch für eine sehr erfolgreiche letzte Saison bedanken kann und auch für die Treue, die uns das Publikum gehalten hat.
Es soll als Zeichen des Dankes am Denieren-Abend auch Ehrungen für verdienstvolle Leute geben. Dazu hoffe ich, dass der letzte Abend nicht zu emotional wird, aber ich bin nun mal ein emotionaler Mensch, der seine ehrlichen Gefühle zeigt. Ich habe mich nie verbogen oder mich verbiegen lassen und das werde ich beibehalten.
Mit dem letzten Abend wird natürlich was aufhören aber am Denieren-Abend wird für mich auch was ganz Wichtiges beginnen. Es ist die nämlich auch der Polterabend zu meiner Heirat mit meinem zukünftigen Mann Herbert, den ich dann am nächsten Tag in Mörbisch heiraten werde.
SCHNAPPEN.AT: Und was passiert danach?
SCHELLENBERGER: Wir werden dann von hier weggehen und nach Berlin ziehen. Mörbisch und dem Burgenland werde ich aber immer verbunden bleiben und auch immer wieder hier herkommen. Aber der Lebensmittelpunkt wird dann Berlin sein. Wegen vieler guter Kontakte werde ich künsterlisch und sängerisch auch weiter in Österreich zu tun haben, wie es aber exakt auf der künstlerischen Ebene weitergehen wird, darüber werde ich erst nach dem letzten Abend in Mörbisch genau nachdenken, um klar zu stellen was ich wirklich will und was ich nicht will.
Mein Flügel und meine Noten sind jedenfalls schon in Berlin. Fehlt nur mehr die Truhe , die mich auch überall hin begleitet. Ich freue mich aber jetzt nochmal in diesem Traumteam die kleine Rolle der etwas schrulligen Adelaide spielen zu können. Ansonsten war es angesichts der hohen ausgeglichenen Qualität nicht einfach zu bestimmen, wer am Premieren-Abend singen wird und wer nicht. Aber es gehört zu meinem Führungsstil, dass ich entscheide und dabei doch Lösungen finde mit denen die Künstler leben können.
SCHNAPPEN.AT: Der Abgang kam nun aber doch einigermaßen überraschend?
SCHELLENBERGER: Ich hätte sicher gerne noch weiter gemacht, weil ich ja schon über Jahre hinaus alles detailliert geplant hatte. Und ich musste mir alles was ich hier erreicht habe, schwer erarbeiten.
Ich habe auch immer darauf geachtet, mit Ressourcen sparsam umzugehen. So wurden viele technische Elemente gegen Gebühr den Rest des Jahres woanders eingesetzt und verliehen.
Bühnenelemente wurden auch aufbewahrt, um sie später einmal neu aufgemacht wieder einsetzen können. Und heuer haben wir die Statisten und das Ballett nur mir Kleidung aus unserem Fundus eingekleidet.
Es wurde also sehr rationell gearbeitet und trotzdem die Qualität gesteigert. Da ist es klar, dass man die vielen Pläne gerne weiter realisiert hätte. Aber es ist nun anders gekommen und umso mehr möchte ich all meine Schaffenskraft noch in diese letzte Saison einbringen.
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Die Premiere mit Christel, Adam & Promis
Am 7. Juli 2017 fand bei herrlichem Wetter auf der Seefestspielbühne in Mörbisch die gelungene Premiere des Stückes "Der Vogelhändler" statt. Unter den Gästen waren auch sehr viele prominente Besucher zu sehen, wie u.a. Bundesministerin Sonja Hammerschmid, die Landeshauptleute Hans Niessl und Erwin Schützenhofer, Landesrat und Festspielpräsident Helmut Bieler, Landesrätin Astrid Eisenkopf, Ex-Bundeskanzeler Franz Vranitzky, Landesrat Norbert Darabos, FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache, Harald Serafin mit Gattin, Guggi Löwinger, Natalia Ushakova, Richard Lugner, Eva Maria Marold, Gerry Keszler.
Bilder, Eindrücke und mehr von der Vorstellung am 14. Juli 2017 - hier
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