Von 7. Juli bis 20. August 2016 werden spektakuläre Ballett- und Tanzeinlagen und Bühnenbilder sowie in erster Linie viele bekannte Melodien die Besucher der Seefestspiele Mörbisch (Burgenland, Österreich) in Begeisterung versetzen. Die Revue Operette „Vitktoria und ihr Husar“ sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen. Intendantin Dagmar Schellenberger nennt im großen Interview mit SCHNAPPEN.AT gute Gründe, warum man sich Tickets sichern sollte und weshalb Mörbisch zu neuen Höhenflügen ansetzt. Dagmar Schellenberger über
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- "Jeder kennt die Melodien von Viktoria & ihr Husar - hier
- Neues bei Produktion & persönliche Herausforderungen - hier
- Zukunft, Operette, Musical und Heimat - hier
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Redaktion: Wilhelm Böhm Fotos: Prinz, Böhm
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Viktoria & ihr Husar: ein Knüller
SCHNAPPEN.AT: Viktoria und ihr Husar wird ein echter Knüller werden. Aber auch im Vorjahr sollen Sie sehr zufrieden gewesen sein?
Schellenberger: Ja, das Vorjahr hat alle Erwartungen übertroffen. Dabei hatte ich befürchtet, mit der Adaption von – Eine Nacht in Venedig - auf die Moderne bei eher Konservativen nicht gut anzukommen. Genau das Gegenteil war dann der Fall. Es gab von überall her Lobeshymnen und die Zuschauerzahlen konnten 2015 gegenüber 2014 gehalten werden. Das ist alles andere als selbstverständlich, wenn man die Entwicklung anderer Kulturbetriebe beobachtet und die allgemeine Wirtschaftslage berücksichtigt.
SCHNAPPEN.AT: Ist es ein Stammpublikum, das zu guten Besucherzahlen verhilft?
Schellenberger: Nicht nur. Ich bin hoch erfreut, dass auch junges und neues Publikum den Weg zu uns findet, wobei natürlich eine weitere deutliche Steigerung der Besucherzahlen das Ziel ist. Angesichts dessen, dass wir uns ohne öffenltiche Förderungen selbst erhalten, sind wir aber auf sehr gutem Weg. Die letzten drei Jahre sind sehr positiv verlaufen. Ich glaube wir sind der einzige Kulturbetrieb, der überhaupt noch Zugewinne verzeichnet. Das alles geht nur mit einem sehr effektiv arbeitenden Team, wobei mir kaum wer glaubt, dass wir ohne öffentliche Fördermittel durchkommen müssen.
Musical: Junges Publikum kommt wieder
SCHNAPPEN.AT: Worauf ist der erfreuliche Anstieg beim jungen Publikum zurückzuführen?
Schellenberger: Darauf, dass wir uns zuletzt auch in Richtung Musical bewegt haben. Wenn dieses junge Publikum einmal das Ambiente erlebt hat, kommt es auch wieder. Unser Image hat sich auch etwas gewandelt. Viele Besucher kleiden sich elegant. Sie machen sich extra für Mörbisch hübsch und schätzen es, hier einen schönen Abend mit Vorführung, Kaffeehaus und Bars auf der Dachterrasse verbringen zu können.
SCHNAPPEN.AT: Man kann also einen Abend in Mörbisch mehr denn je genießen?
Schellenberger: Ja schon. Entscheidend ist aber, dass es uns gelingt, mit den Produktionen ein breites Publikum anzusprechen. Und speziell die Jüngeren verbinden dies dann oftmit einem Urlaub oder einen Tag am See bzw. in der Region. Besonders gespürt habe ich den Zuspruch des jüngeren Publikums beim Musical Anatevka. Seither kommen stets Anfragen nach dem nächsten Musical. 2018 wird es auch wieder so weit sein. Und so viel sei verraten, dass es etwas Großes sein wird, das zuletzt 1989 in Wien gespielt wurde. Viele haben darum gekämpft, die Rechte dafür zu bekommen und uns ist es gelungen. Wenn wir das finanziell hinkriegen, hat Mörbisch 2018 wieder ein Stück der Extraklasse.
Vicotria & ihr Husar: "Jeder kennt die Melodien"
SCHNAPPEN.AT: Was waren die Kriterien für – Viktoria und ihr Husar?
Schellenberger: Ich kenne das Stück seit langem und Paul Abraham erlebt gerade eine Renaissance. Da hatte ich einen guten Riecher, denn als ich es vor zwei Jahren fixierte, wurde es noch nirgends gespielt. während es jetzt schon in Berlin und anderen Häusern läuft. Abraham wurde ja nach dem Krieg überall gespielt. Auch später in den großen Musikshows mit Peter Alexander. Jeder kennt auch die Melodien wie – Mausi süß warst du heute Nacht... - oder – meine Mama, war aus Jokahama...- oder – reich mir zum Abschied noch einmal die Hände.... -. Ein Evergreen nach dem anderen also und es sind an die 20 Nummern im Stück bei denen jeder mitsingen kann.
SCHNAPPEN.AT: Dass diese Lieder von Abraham sind bzw. aus – Viktoria und ihr Husar – stammen, ist aber kaum?
Schellenberger: Ja und wo immer ich etwas davon ansinge, wundert man sich, dass dies alles zu diesem Stück gehört. Es ist Musik vom Feinsten bis hin zu großen Jazz und Tanznummern. Darum wird heuer speziell das Ballett eine sehr große Rolle spielen. Dieses wurde auch auf über 50 Tänzer aufgestockt und hat ein Mammutprogramm zu leisten.
SCHNAPPEN.AT:Wie sieht dieses Programm aus?
Schellenberger: Normal kommt das Ballett zu drei oder vier Auftritten, doch diesmal sind gleich 22 Nummern vom Charlston bis Step und vom Walzer bis zu den modernsten Rythmen drinnen. Es wird auch eine Kostümschlacht mit traumhaft schönen Kostümen werden. Denn wir haben vier große Bilder mit vier großen Verwandlungen. Im ersten Bild sitzen wir im Schnee in Sibirien. Das alleine stellt schon eine Herausforderung dar. Dann geht es nach Tokio, wo die Viktoria, die ich selber spiele, mit ihrem Geliebten lebt. Das spielt natürlich vor einem großen Japanbild. Ein großes Russland Bild führt uns nach St. Petersburg und letzlich kommt man zurück in die ungarische Heimat hier am Neusiedler See. Große Freitreppen und Showelemente und ein fast 20 Meter großer Bühnenbogen runden das Bild ab. Auch ein Flugzeug wird zu sehen sein.
SCHNAPPEN.AT: Sie kennen das Stück schon lange. Warum kam es Ihnen gerade jetzt wieder in den Sinn?
Schellenberger: Weil es einfach ein wahnsinnig gutes Stück ist, das nach einer Freiluftbühne ruft. Mit seinen imposanten Verwandlungen und den Elementen, die man aus der Natur hier mit einbeziehen kann. Auch das Wasser vom Neusiedlersee. Aus dem dramaturgisch so starken Stück, kann man unheimlich viel draus machen. Vor 43 Jahren war es, damals noch mit Joopie Hesters, zuletzt aus der Bühne und wird jetzt erst das drittemal gespielt. Da es daher auch keine wirklichen Tonträger mehr von diesem Stück gibt, werden diese als Nebenprodukt ebenfalls neu auf den Markt kommen. Und es freut mich sehr, dass dieses Juwel nun wieder als riesige Show auf die Bühne kommt.
Neues bei Produktion & persönliche Herausforderungen
SCHNAPPEN.AT: Gibt es nach dem Riesenschiff vom Vorjahr heuer wieder ein spektakläres Element beim Bühnenbild?
Schellenberger: Der große Revuebogen, der die ganze Bühne umfasst, ist eines davon, aber auch die großen Treppen und Verwandlungen gehen in diese Richtung. Und zusammen mit den Tänzern werden zeitweise um die hundert Personen auf der Bühne sein. Da ist also richtig was los.
SCHNAPPEN.AT: Was ist noch alles neu?
Schellenberger: Mit Choreograf Simon Eichenberger, Bühnenbildner Christian Floeren sowie Regisseur Andreas Gergen samt Co-Assistentin Sarah Bowden haben wir wie jedes Jahr wieder ein neues Leading-Team in der Produktion, wobei das tänzerische Grundgerüst des Stückes mit unglaublichen Schrittkombinationen schon zu Ostern eingeübt wurde. Erstmals wird auch der Orchestergraben genützt. Da werden alle möglichen Sachen rauskommen und wieder verschwinden. Insgesamt wird es für das Publikum also auch viel zu schauen geben.
SCHNAPPEN.AT: Was waren für Sie persönlich dabei die neuen Herausforderungen?
Schellenberger: Alles zusammen zu führen war natürlich nicht einfach. Ein Bühnenbildner etwa muss bei uns seine Hausaufgaben schon extrem genau machen. Die Dimensionen, die Akkustik und die äußeren Naturelemente und vieles mehr, sind unter einen Hut zu bringen, um hohe Attraktivität für das Publikum zu erlangen. Jedes Jahr ein neues Leading Team ist eine große Leistung aber es steht sich dafür. Dadurch entwickelt sich ein Pool an Leuten auf die man je nach Stück und nach gewisser Zeit immer wieder zurückgreifen kann. Außerdem entsteht für das Publikum jedes Jahr eine andere Handschrift.
SCHNAPPEN.AT: Sie spielen selbst mit. In welcher Rolle?
Schellenberger: Es ist die kleine Hauptrolle, die Viktoria selber. Abgesehen davon, dass ich gerne im Team dabei bin, sollen mich die Leute auch als Künstlerin wahrnehmen. Ich bin auch tänzerisch gut vorbereitet, wobei die Vitkoria eher eine Rolle ist, die irgendwie dieses Zwischenfach belegt und sehr ins chansonmäßige geht. Da muss man mit der Stimme Farben reinbringen. Zur Opernstimme kommt noch einiges an Flexibilität dazu. Für mich ist es auch eine Herausforderung, als Intendantin jeden Abend noch das Publikum zu begrüßen und dann rasch in eine Hauptrolle zu switchen. Aber ich habe viel Kraft und kann das stemmen.
SCHNAPPEN.AT: Was wird von den Hauptdarstellern erwartet?
Schellenberger: Insgesamt sind ja drei große Paare in den Hauptrollen. Darunter auch die zwei Tenöre Michael Hein und Garrie Davislim. Das sind zwei große attraktive Männer und zum anderen Andreas Steppan, der den US-Botschafter John Cunlight spielt. Steppan verkörpert perfekt den echten Sir und darf in seiner Rolle bewusst kein Opernsänger sein, sondern eher zum Chanson tendieren. Er ist so etwas wie der österreichische Frank Sinatra mit entsprechender Stimme. Es gibt auch Passagen, wo Hauptdarsteller tänzerisch absolut mit dem Ballett mithalten müssen. Diesbezüglich eine Doppelbesetzung mit vier Männern und vier Frauen zu finden, die top singen und gleichzeitig auch top tanzen können, war schwierig genug. Aber es ist mir gelungen, worüber sich letztlich auch der Choreograf sehr freut.
SCHNAPPEN.AT: Wie sieht es mit dem Orchester aus?
Schellenberger: Dieses ist diesmal etwas kleiner aber dem Stück angepasst agiert es etwas schmissiger. Erwähnen möchte ich noch, dass es in der Statisterie viele Kinder gibt, was die Sache auch nicht einfacher macht. Eine kleine Rolle, der freche Micky, kommt dabei aus Mörbisch.
Es ist mir überhaupt ein Anliegen, jedes Jahr in irgendeiner Form Kinder aus dem Ort und der Region einzubeziehen. Wenn man mit heute Erwachsenen spricht, schwärmen diese davon, dass sie vor 40 oder 50 Jahren bei den Seefestspielen mitspielen durften. Dadurch entsteht eine tiefe Verbundenheit der Einheimischen zu ihren Spielen.
Zukunft, Operette, Musical und Heimat
SCHNAPPEN.AT: Wohin wird sich Mörbisch als Eventstätte und von der Auswahl der Stücke her entwickeln?
Schellenberger: Für mich ist klar, dass die Operette immer im Zentrum bleiben muss, um unsere Einzigartigkeit zu bewahren. Es gibt sonst keine vergleichbare Bühne und Institution auf der Welt in dieser Größenordnung und Qualität. Und ich möchte auch noch über den Kontinent hinausstrahlen, damit die Leute kommen und hier diese Einzigartigkeit miterleben können.
Das andere ist eben die Musicalschiene, die mein Vorgänger Harald Serafin mit My Fair Lady, schon starete und die 2014 mit Anatevka wieder gut angekommen ist. Die Grenze zwischen klassischem Musical, Oper und Operette ist ja auch früher schon fließend gewesen. So glauben viele dass - porgy und bess- ein Musical ist, obwohl es sich um eine Oper handelt. Es wird also daran liegen die großen klassischen Operetten zu bringen und auch den Mut zu haben mal ins Musical genre zu wechseln. Es muss aber immer so besonders sein, dass die Leute gerne auch weite Wege auf sich nehmen, um nach Mörbisch zu kommen. Das Flaggschiff wird aber immer die Operette bleiben.
SCHNAPPEN.AT: Ich nehme an, Sie sind das Jahr über viel unterwegs?
Schellenberger: Ja, denn ich mache viel PR für Mörbisch und schaue mir auch Stücke an, wo Leute spielen, die für Mörbisch in Frage kommen oder wo interessante Choreografien und Bühnenbilder dabei sind.
SCHNAPPEN.AT: Haben sie auch Zeit ihr Haus in Mörbisch zu genießen?
Schellenberger: Ich genieße es jeden Tag! Immer wenn ich vor Rust über den Hügel nach Hause fahre und den See sehe, ist das einfach nur schön. Als ob ich in den Urlaub fahren würde und dabei geht es nach Hause. Und es ist auch mein zu Hause. Ich lebe hier sehr gerne ganz bewusst mit und im Ort und ich glaube, das wird hier auch so gesehen. Ich fühle mich wohl und genieße den Ausblick von meinem Haus über die Weinberge hinweg zum See runter. Es kann kaum was schöneres geben. Ich bin gut ins Dorfleben eingebunden und so weit es geht auch bei den regionalen Veranstaltungen dabei. Netzwerken ist einfach immer unerlässlich. In diese Richung geht auch die Gründung des Vereines der Freunde der Seefestspiele, der sich aus führenden Leuten aus Wirtschaft, Tourismus, Sport, Fachhochschulen und Medien usw. zusammensetzt. Diese nützen ihre Netzwerke, um weitere Freunde zu gewinnen, die die Seefestspiele mit kleineren aber auch größeren Beiträgen unterstützen. Alle, die ein Herz für die Seefestspiele haben, wollen wir erreichen und bieten im Gegenzug Treffen mit den Künstlern oder besondere Kategorien bei den Plätzen aber auch spezielle Vorinformationen.
SCHNAPPEN.AT:Wie funktioniert die Kooperation mit dem Land Burgenland?
Schellenberger: Ich kooperiere wahnsinnig gerne mit allen und wo immer ich unterwegs bin bezeichne ich mich als ein unbezahltes Mitglied des Burgenland Tourismus.Überall vermittle ich von Geografie bis Weinbau, Kulinarik, Kultur, Kunst, Unterkünften, Sehenswürdigkeiten usw. alles was man vom Burgenland neben den Seefestspielen wissen muss. Ich bündle dies in meinen Vorträgen, um auch alle zu erreichen. Dementsprechend arbeiten wir mit Institutionen wie der Energie Burgenlland und Organisationen im Lande zusammen. Welche Wertschöpfung Mörbisch für das Land bringt, sollte aber noch mehr ins öffentliche Bewusstsein dringen und entsprechend mehr Unterstützung durch die öffentliche Hand nach sich ziehen. Immerhin bringen wir im Sommer über 30 Millionen Euro an Umwegrentabilität für die Region.
SCHNAPPEN.AT: Wie weit arbeitet man mit dem Burgenland Tourismus zusammen?
Schellenberger: Wir haben bei den Messen meist einen gemeinsamen Stand und ich könnte mir vorstellen, dass wir gemeinsam noch mehr die Region Sachsen in Deutschland bewerben. Die Menschen dort reisen gern. Sie sind operettenaffin und in vier bis sechs Stunden Autofahrt bei uns. Dresden und Leipzig würde ich da nächstes Jahr gerne mehr ins Auge fassen. Im Gespräch bin ich auch mit dem bayrischen Rundfunk, der Hörerreisen zu uns veranstalten würde. Ich habe aber noch viele andere Ideen, die wir mit dem Burgenland Tourismus umsetzen können. Vorstellen kann ich mir auch, dass unser Festspielgelände von Mai bis zur Saison bzw. nach der Saison für verschiedenste touristische -wirtschaftliche Projekte genützt werden kann. Auch Boots- oder Hochzeitsmessen oder gastronomische Events sind möglich, wenn man sie gut mit uns abstimmt.
Auch der Verein der Freunde der Seefestspiele könnte hier neue Wege anregen.
SCHNAPPEN.AT: Die Anzahl der Vorstellungen bleibt auch heuer gleich?
Schellenberger:Nach dem Erfolg im Vorjahr belassen wir das so. Im Vorjahr mussten wir bei einigen ausverkauften Vorstellungen aber Leute an der Abendkassa wegschicken. Das würden wir gerne vermeiden. Da wir auch heuer wieder mit ausverkauften Abenden rechnen, wäre es wünschenswert, dass Reservierungen wieder verstärkt im Vorfeld getätigt werden bzw. auch online gebucht wird. Ich weiß, dass die allgemeine wirtschaftliche Situation und immer mehr Auswahl mit allein 24 Festivals im Burgenland die Leute immer später reservieren lässt, aber es lohnt sich Mörbisch, wo man nächstes Jahr das 60jährige Jubiläum feiert, die Treue zu halten und nach Möglichkeit wieder fix in den persönlichen Eventkalender zu verankern.
SCHNAPPEN.AT:Was wünschen sie sich vom ganzen Herzen für die neue Saison?
Schellenberger: Petrus soll uns mit dem Wetter so beschenken wie im Vorjahr. Das war optimal. Weiters wünsche ich mir, dass wir die Leute begeistern und diese mit einem zufriedenem Lächeln im Gesicht nach Hause gehen und sich denken – wow das, war toll, da komme ich nächstes Jahr wieder.