Die Tourismusbranche, eine der bedeutendsten Wirtschaftszweige in Österreich, ist aufgrund des Corona-Virus schwerst betroffen. Mitte März 2020 mussten Gastronomie- und Beherberungsbetriebe schließen. Am 15. Mai 2020 können Gastronomie- und am 29. Mai 2020 Beherberungsbetriebe ihre Lokale wieder öffnen. Otmar Michaeler, CEO der Falkensteiner Michaeler Tourism Group spricht Anfang Mai 2020 im SCHNAPPEN.AT-Interview u.a. über die Corona-Krise, wie sich die Falkensteiner-Hotels auf den "Urlaub danach" vorbereiten und wie man aus jeder Krise gestärkt hervor gehen kann. Mehr über
- die Auswirkungen auf den internationalen Tourismus - hier
- Einstellung von Dienstreisen, Kurzarbeit & Homeoffice - hier
- Österreich attraktive Destination für "Urlaub daheim" - hier
- die Öffnung am 29.5.2020 und die Vorkehrungen in den Hotels - hier
- den Bedarf an einer EU-weiten Regelung - hier
- das Lernen, mit dem Corona-Virus zu leben - hier
- den Tourismus der Zukunft & die eigenen Wurzeln - hier
- neue Wege, Digitalisierung & das Einsparen von Kilometern - hier
- weitere Interviews: Auswirkungen und Chancen der Coronavirus-Krise - hier
Fotos (c): Falkensteiner Hotels & Residences
Auswirkungen auf internationalen Tourismus nicht absehbar
SCHNAPPEN.AT: Wie weit wurde der Tourismusbereich durch die Coronakrise getroffen?
Otmar Michaeler: Die Tourismus-Branche ist sicher eine der Branchen, die am schwersten von der Corona-Krise betroffen ist. Und es ist ja auch noch nicht absehbar, wann wir hier international wieder zu einem Stück Normalität zurückkehren können. Wir sind jetzt sehr froh, dass zumindest in Österreich am 29.05. Hotels wieder aufsperren dürfen. Die Auswirkungen auf den internationalen Tourismus sind jetzt noch gar nicht absehbar.
"Vertrauen in die Marke"
SCHNAPPEN.AT: Was bedeutet die Krise für die Falkensteiner-Hotels?
Otmar Michaeler: Das kann man aktuell noch gar nicht sagen, weil nicht sicher ist, wann und in welcher Form Reisen wieder unternommen werden können und wann Reisen außerhalb von Österreich wieder möglich sind.
Aber auf jeden Fall ist der Schaden für unser Unternehmen sehr groß. Wir haben aber die Entwicklung von Anfang an sehr ernst genommen und schon früh wurde intern ein Krisenstab gebildet, um schnell, vorbereitet und vor allem besonnen reagieren zu können.
Abgesehen von einem finanziellen Schaden bin ich jedoch fest davon überzeugt, dass es ein großes Vertrauen in unsere Marke gibt. Wir haben viele loyale Kunden, Partner und Mitarbeiter mit denen wir gemeinsam diese Krise überstehen werden.
Kurzarbeit, Homeoffice & Lohnausgleichkasse
SCHNAPPEN.AT: Was passierte mit dem Personal während der Schließung?
Otmar Michaeler: Neben der Einstellung von Dienstreisen wurden in einem weiteren Schritt auch die Büros in Österreich, Italien und Kroatien weitgehend auf Homeoffice umgestellt.
Gleichzeitig schöpfen wir im Rahmen der behördlichen Regelungen alle Möglichkeiten aus, um möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. In Österreich in Form von Kurzarbeit, in Italien mit Hilfe der Lohnausgleichkasse.
Positive Entwicklung: Urlaub in Österreich
SCHNAPPEN.AT: Sind Verluste wieder aufzuholen?
Otmar Michaeler: Das wird die Zukunft zeigen. Wir können jedenfalls für uns sagen, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen und bereits eine positive Entwicklung in einzelnen Häusern sehen können, was die Buchungslage und die Reiselust der Österreicher und Österreicherinnen angeht.
Schlosshotel Velden am Wörthersee
Ein besonders gutes Beispiel dafür ist unser Schlosshotel Velden am Wörthersee. Es zeigt sich ganz klar, dass Österreich eine sehr attraktive Destination für Urlaub daheim ist.
Da sind wir wirklich sehr gut aufgestellt und können Urlaubern ein vielseitiges Angebot liefern.
Vorkehrungen von der Reservierung bis zum Spa-Bereich
SCHNAPPEN.AT: Ab 29.5.2020 dürfen Hotels wieder öffnen, welche Vorkehrungen werden in den Falkensteiner-Hotels getroffen?
Otmar Michaeler: Wir haben sehr früh damit begonnen einen Maßnahmen-Plan zur Wiederöffnung unserer Hotels zu erstellen, dieser wurde nun fertig.
Dieser Plan ist sehr umfangreich und umfasst jeden Bereich des Hotels bzw. alle „Stationen“, die ein Gast während seines Aufenthaltes durchläuft.
Auszug der Vorkehrungen
Also vom Check-In, über die Zimmer, das Restaurant und den Spa-Bereich. Gerne stelle ich Ihnen hier einen Auszug daraus vor:
- Reservierung: Bereits nach der Buchung erhält der Gast umfassende Informationen zu seinem Aufenthalt und den Maßnahmen vor Ort. Zusätzlich werden flexible Stornomöglichkeiten bis 3 Tage vor Anreise angeboten.
- Check-In/Check-Out: Einhaltung der 1-Meter-Abstandregel beim Warten auf den Check-In. Die Rezeptionen wurden mit Plexiglaswänden ausgestattet, so dass der menschliche Kontakt von Angesicht zu Angesicht nach wie vor möglich ist. Die Zimmerkarten werden für jeden Gast desinfiziert und durch die Mitarbeiter nur mit Handschuhen berührt. Ist der Gast am Zimmer, erhält er per Telefon alle wichtigen Informationen für seinen Aufenthalt von der Rezeption.
- Videos, die an verschiedenen Orten im Hotel auf Bildschirmen zu sehen sind, bieten zusätzliche Inputs zum richtigen Verhalten im Hotel.
- Auch der Check-out Prozess wird verändert, um Schlangen an der Rezeption zu minimieren. Der Gast erhält am Abend vor Abreise eine Rechnungsübersicht am Zimmer und kann die Rechnung bargeldlos begleichen.
- Im Zimmer: Die Zimmer werden vor Anreise vom Housekeeping nach den höchsten Standards gereinigt und desinfiziert. Türschilder weisen ausdrücklich darauf hin. Am Zimmer findet der Gast eine Anleitung für das richtige Händewaschen sowie ein Begrüßungsschreiben, das die wichtigsten Abläufe erklärt.
- Im Restaurant: Zwischen den Tischen besteht ein Mindestabstand von 1 Meter, auch das Personal hält diesen Abstand zu den Gästen ein. Am Buffet werden die Speisen durch Plexiglaswände geschützt, der Gast sucht sich seine Speisen aus und erhält diese vom Personal angereicht. Mahlzeiten werden in zugeteilten Time-Slots konsumiert. Das Personal trägt Gesichtsschutzschirme, Gäste werden gebeten Mund-Nase-Schutzmasken zu tragen, die während dem Essen auf dem Tisch abgelegt werden können. Nach jedem Gast werden die Tische desinfiziert.
- Im Spa-Bereich: Wer eine Anwendung gebucht hat wird von einem Rezeptionsmitarbeiter in den Behandlungsraum gebracht. Die Spa-Therapeuten tragen einen Gesichtsschutzschirm. Der Gast wird über zusätzliche Hygienemaßnahmen vor bzw. während der Behandlung informiert. Im Poolbereich und den Ruhezonen werden zwischen den Liegen ebenfalls die Sicherheitsabstände eingehalten.
"EU-weite Regelung wäre besonders wichtig"
SCHNAPPEN.AT: Was würde die Tourismusszene jetzt besonders brauchen?
Otmar Michaeler: Meiner Meinung nach wäre es jetzt besonders wichtig, eine EU-weite Regelung zu finden, die Chancengleichheit schafft und durch die wir alle nach den gleichen Vorgaben handeln können.
Momentan arbeitet jedes Land für sich an Regulierungen und Maßnahmen, was es natürlich auch für die Gäste nicht einfach macht, sich über die Regulierungen in den einzelnen Ländern zu informieren.
Im Tourismus lernen, mit Corona-Virus zu leben
SCHNAPPEN.AT: Wird sich die Tourismusszene nach der Corona-Krise verändern? Wenn ja, inwieweit?
Otmar Michaeler: In der Krise besteht derjenige, der flexibel ist und sich am schnellsten an die neue Situation anpasst. Und wir werden auch im Tourismus lernen müssen, mit dem Corona-Virus zu leben.
Urlaub wird "Luxus"
Urlaub wird wieder eine andere Wertigkeit erhalten und wieder ein kleiner „Luxus“ werden.
Die All-Inclusive- Pauschalurlaube in riesigen Bettenburgen am Mittelmeer wird es meiner Meinung nach so schnell nicht mehr geben.
Selbstverständlich wird das „Wieder-Hochfahren“ der einzelnen Länder das Reiseverhalten in den nächsten Wochen und Monaten maßgeblich beeinflussen.
Urlaub im eigenen Land
Je nachdem wie sich die Lage in den Ländern stabilisieren wird, werden die Grenzen in Europa früher oder später geöffnet werden können. Aktuell kann man jedoch nicht vorhersagen, wann dieser Zeitpunkt eintreten wird.
Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings groß, dass die Menschen ihre nächsten Urlaube entweder in ihrem eigenen Land oder einem angrenzenden Nachbarland verbringen werden.
Tourismus der Zukunft & die eigenen Wurzeln
SCHNAPPEN.AT: Könnte es durch die Covid-19--Krise neue Chancen und neue Wege im Tourismusbereich geben?
Otmar Michaeler: Diese Krise hat sicher einen wesentlichen Einfluss auf den Tourismus und die Hotellerie. Menschen werden zukünftig noch mehr Wert auf Regionalität und Nachhaltigkeit legen. Das schafft Vertrauen und dies ist zur Bewältigung des jetzigen Traumas wichtig.
Der Urlaub danach
Otmar Michaeler: Und durch ihre momentan beschränkte Bewegungsfreiheit wird die Nähe zur Natur noch mehr an Bedeutung gewinnen.
Das Erkunden seiner eigenen Heimat, „seiner Wurzeln“, wird eine völlig neue Bedeutung bekommen. Wir spüren aber trotz Corona das Interesse und die Vorfreude am Urlaub. Die Menschen haben jetzt Zeit und auch Lust sich darüber Gedanken zu machen, was sie in ihrem „Urlaub danach“ erleben wollen.
Mittelfristig "Winner" der Krise
Daher sehe ich uns auch mittelfristig als „Winner“ dieser Krise. Unsere Hotels liegen in der Nähe der wichtigsten Quellmärkte und sind bequem mit Auto oder Zug erreichbar. Unser Konzept fördert regionale Authentizität und schließt immer auch das Angebot der Destination mit ein, unsere Lagen sind sehr naturnah. Und unsere Marke ist stark und garantiert Sicherheit und hohe Qualitätsstandards.
Wir müssen uns auch immer vor Augen halten, dass es eine Zeit „nach Corona“ geben wird. Sobald wir die aktuelle Situation überstanden haben und entsprechende Impfstoffe entwickelt sind, wird vieles an Normalität zurückkehren.
Digitalisierung & durch Videotelefonie Kilometer einsparen
SCHNAPPEN.AT: Sind in der Corona-Krise auch positive Aspekte entstanden, was sollte aus dieser Zeit in die Zukunft mitgenommen werden?
Otmar Michaeler: Da muss man natürlich immer vorsichtig sein, von etwas Positivem zu sprechen, wenn gerade um Menschenleben gekämpft wird. Aber natürlich sind auch wir der Meinung, dass man aus jeder Krise etwas lernen kann oder auch gestärkt hervor gehen kann.
Wir merken plötzlich was alles möglich ist, etwa bei der Digitalisierung – sprich, dass wir viel mehr über Videotelefonie erledigen können und so gefahrene Kilometer einsparen können.
Übermenschliches wird geleistet
Otmar Michaelar: Ganz allgemein gesprochen rücken jetzt Berufsgruppen in den Fokus, denen zuvor wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, die jedoch für den Erhalt unserer Gesellschaft essentiell sind. Da wird zurzeit teilweise Übermenschliches geleistet.
Ich denke, es wird noch etwas Zeit brauchen, bis wir die Auswirkungen, die positiven wie die negativen der Corona-Krise, in ihrem vollen Umfang erkennen und einordnen können.
- Infos über die Corona-Krise in Österreich - hier