Corona-Krise & Friseure: "Jetzt bemerkt, wie gefragt wir sind"

"Es war ein Horror, als die Regierung die Schließung meines Friseurgeschäftes beschloss", spricht Almuth Vollnhofer, die seit 2008 in Leobersdorf im Bezirk Baden in Niederösterreich den Friseursalon "Hairstyling" betreibt, unzähligen ebenfalls betroffenen Unternehmern aus der Seele. Almuth Vollnhofer berichtet Ende April 2020 im Interview mit SCHNAPPEN.AT über die Katastrophe des Covid-19-Betretungsverbotes, die finanziellen Probleme und die positive Erfahrung, wie es während der Corona-Zeit plötzlich war, viel Zeit zu haben. Mehr über

  • die Katastrophe, als die Regierung die Schließung beschloss & Kosten - hier
  • nicht aufzuholende Umsatzeinbußen, Kurzarbeit & Hilfe - hier
  • Ab 2. Mai 2020: Nur nach Voranmeldung & mit Schutzmaske - hier
  • "Erstmals gemerkt, wie gefragt wir Friseure sind" - hier
  • neue Chancen und positive Corona-Erfahrungen - hier
  • weitere Interviews über die Auswirkungen und Chancen der Coronavirus-Krise - hier
Fotos (c): Prinz, SCHNAPPEN.AT
 
 
 
 
 
 

Horror, als Regierung die Schließung beschloss

HairstylingLeobersdorfAlmuthVollnhoferFotoPrinzSCHNAPPENatSCHNAPPEN.AT: Wie haben sie das behördlich angeordnete Betretungsverbot aufgrund von COVID-19 im März 2020 aufgenommen?

Almuth Vollnhofer: Die erste Woche war eine Katastrophe, ein Horror. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Regierung bestimmt, dass ich zusperren muß. Ich führe mein Geschäft seit 2008 und immer habe ich entschieden, was zu tun ist. Persönlich hatte ich enorme Probleme mit dieser Bevormundung.

Schulden: Alle Kosten laufen weiter

SCHNAPPEN.AT: Ist die Situation existenzbedrohend?

Almuth Vollnhofer: Wenn wir keine Reserven auf der Seite gehabt hätten, wäre es ein Wahnsinn gewesen. Das geht allerdings nur bedingt, weil die Reserven auch nur eine Zeit lang reichen. Es laufen alle Kosten voll weiter. Ich bin in Schulden drinnen, weil ich jetzt alles auslegen muss.

 

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Umsatzeinbußen: Keine Hochzeiten und keine Events

FriseureOeffnenAm2Mai2020FotoPrinzSCHNAPPENatSCHNAPPEN.AT: Werden sie die Umsatzeinbußen aufzuholen können?

Almuth Vollnhofer: Sicher nicht zu 100 Prozent. Es wird Wochen oder Monate dauern. Wir haben eine gute Friseur-Zeit versäumt. Auch jetzt wird es wirtschaftlich sehr runtergefahren sein. Es gibt heuer keine Hochzeiten und auch keine Veranstaltungen, daher fällt auch das Friseurgeschäft weg. Wir werden durcharbeiten, das bedeutet für uns, dass Urlaube gestrichen sind und es keine Sperren mehr geben kann.

Kurzarbeit statt Kündigung

SCHNAPPEN.AT: Wurden die Mitarbeiter gekündigt?

Almuth Vollnhofer: Ich habe die MitarbeiterInnen nicht gekündigt, sondern zur Kurzarbeit angemeldet.

Finanzielle Unterstützung

SCHNAPPEN.AT: Wie sieht es mit finanziellen Unterstützungen aus?

Almuth Vollnhofer: 1000 Euro aus dem Härtefall-Fonds. Aber was ist ein Tausender, wenn die Löhne, die Krankenkasse und alles Fixkosten weiterlaufen. Man muss Schulden machen, ob man will oder nicht.
 
 
 
 

Ab 2. Mai nur nach Voranmeldung & mit Schutzmaske

HerrenfrisurFotoPrinzSCHNAPPENatSCHNAPPEN.AT: Am 2. Mai 2020 öffnen sie nach sieben Wochenwieder ihr Geschäftslokal. Wie wird der Ablauf sein?

Almuth Vollnhofer: Unsere Kunden müssen unbedingt telefonisch einen Friseur-Termin vereinbaren. Die telefonische Voranmeldung ist bereits am 28.4. und am 30.4.2020 möglich. Männer sind es zwar nicht gewohnt sich beim Friseur anzumelden, aber wir müssen termingerecht arbeiten können.

Auch ist es Pflicht, dass die Kunden mit Schutzmaske das Geschäft betreten. Wir reduzieren die Kundenbetreuung, damit nicht zu viele Leute im Geschäft sind und werden zu dritt in zwei Salonräumen arbeiten, um zwei Meter Platzabstand einzuhalten.

Haareschneiden mit Platzabstand?

SCHNAPPEN.AT: Und der Platzabstand von ihnen zum Kunden?

Almuth Vollnhofer: Ich kann keinen Meter Abstand zum Kunden einhalten, dazu sind meine Arme zu kurz. Allerdings tragen sowohl die Kunden, als auch wir Friseure Schutzmasken.
 
 
 
 
 
 

"Gemerkt, wie gefragt wir Friseure sind"

LeobersdorfFriseurinVollnhoferInFotoPrinzSCHNAPPENatSCHNAPPEN.AT: Wie wirkt sich die Corona-Krise auf die Friseur-Branche aus?

Almuth Vollnhofer: Eher positiv. Ich wusste bis jetzt nicht, welch hohen Stellenwert wir Friseure beim Kunden haben. Es ist eine komplett neue Erfahrung für mich. Ich habe plötzlich gemerkt, wie gefragt wir eigentlich sind.

Das ist sehr angenehm für mich, das schmeichelt mir natürlich. Färben können die Leute auch selbst, aber beim Haarschnitt sind wir Friseure besonders wichtig.

 

 
 
 

Neue Chancen und positive Erfahrungen

SCHNAPPEN.AT: Sehen sie durch die Krise neue Chancen für ihren Berufszweig?

Almuth Vollnhofer: Ja, vielleicht werden Friseure mehr im Vordergrund stehen und werden noch beliebter.

"Erlebt, wie es ist, viel Zeit zu haben"

SCHNAPPEN.AT: Wie haben sie persönlich die Corona-Krise empfunden?

Almuth Vollnhofer: Man braucht ganz wenig und man sieht, dass man mit ganz wenig auskommen kann. Ich hab viel mehr improvisiert und mich einfach an die Gegebenheiten angepasst. Die Harmonie zu Hause war sehr wichtig. Wir waren gemeinsam viel im Garten und haben alles auf den letzten Stand gebracht.

Plötzlich habe ich erlebt, wie es ist viel Zeit zu haben. Das war sehr schön.

 
 

 

 

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