Industriellenvereinigung Burgenland

Die Industriellenvereinigung, die freiwillige Interessensvertretung der österreichischen Industrie, der industrienahen Dienstleister und Führungskräfte zählt 4.200 Mitglieder. Im Burgenland hat die IV (Industriellenvereinigung) ihren Sitz im Technologiezentrum, Marktstr. 3, 7000 Eisenstadt.

  • Manfred Gerger, Präsident der Industriellenvereinigung Burgenland im Interview 2015 - hier
  • Der IV-Präsident über Gefahren und Chancen für Wirtschaftsstandort Burgenland 2016 - hier
  • "Geht doch" Standort Österreich muss attraktiver werden - hier
  • "Mit allen Regierungsparteien, egal welcher Farbe" - hier
  • Ungenützte Millionen und Industrie im Burgenland - hier
  • Bildung, Ausbildung & Zukunft - hier
  • Der Empfang zum Jahresbeginn 2013 - hier
  • Industrie: Reformen in Österreich - "geht Doch" - hier

 


 
 
Fotos / Interview: Wilhelm Böhm


"Geht doch" - Standort Oesterreich muss attraktiver werden

Mit dem Start ihrer Kampagne „Geht doch“ weist die Industriellenvereinigung Österreichs die künftige Regierung, darauf hin, welche Hausaufgaben unverzüglich zu erledigen sind, um den Wirtschaftsstandort Österreich international im Rennen zu halten. Der Präsident der Industriellenvereinigung Burgenland und seines Zeichens Geschäftsführer der Fahrzeugteile produzierenden Hella Austria GmbH, Manfred Gerger, nennt im Gespräch mit Schnappen.at die Dinge beim Namen, die im Sinne von „Geht doch“ einfach passieren müssen.
 

Manfred Gerger, Praesident der Industriellenvereinigung Burgenland im Interview

Schnappen.at: Die Industriellenvereinigung startet die Kampagne "Geht doch". Hat diese auch einen speziellen Burgenland Bezug?
Industriellenvereinigung (IV)-Präsident Manfred Gerger: Nein. Wir haben im Präsidim für alle Bundesländer gmeinsam unsere Anliegen formuliert, um einer zukünftigen Regierung in ihren Verhandlungen zu einer Regierung eine Richtung vorzugeben. Wir gehen mit dieser medialen Kampagne auch an die Hochschulen und universitären Einrichtungen. Dort machen wir ebenfalls darauf aufmerksam, dass gewisse Dinge, die in der Vergangenheit von Regerungsmitgliedern trotz unserer Hinweise nicht umgesetzt wurden, sehr wohl möglich sind, wenn man sich im Detail damit beschäftigt. Geht nicht, wollen wir nicht mehr hören. Geht doch, ist die Devise. Zum Wohle des Standortes Österreich, der Bildung, der Wirtschaft, der Verwaltungsreform und vieler anderer Themen kann man sehr wohl vieles bewegen, wenn man möchte.
Schnappen.at: Sie gehen davon aus, dass es wieder zu einer großen  Koalition kommt?
Manfred Gerger: Es wird wieder in diese Richtung gehen, aber ich hoffe doch ohne parteipolitisches taktieren und schachern um Ministerposten.

Schnappen.at: Und sie glauben wirklich, dass sich etwas ändert?
Manfred Gerger: Mit - Geht doch - zeigen wir die Dinge auf, die auch zeitlich rasch umgesetzt und sofort in Angriff genommen werden müssen. Da führt kein Weg mehr vorbei.
 

"Mit allen Regierungsparteien, egal welcher Farbe"

Schnappen.at: Ist es aber nicht so, dass den großen Parteien, durch Bünde und Teilorganisationen jeglicher Bewegungs- und Spielraum genommen ist? Selbst, wenn die Parteispitze will, kann sie nicht, weil immer wer blockiert.

Manfred Gerger: Diese Beeinflussung bringt gewisse Probleme mit sich, aber wenn jetzt nicht alle an einem Strang ziehen und erkannt wird, dass es nicht mehr fünf vor zwölf, sondern später ist, werden SPÖ und ÖVP bei der nächsten Wahl ein blaues Wunder erleben. Um dies zu verhindern liefern wir mit der Kampagne einen Denkanstoß. Wir führen dazu mit allen Regierungsmitgliedern, egal welcher Farbe, entsprechende Gespräche.
Schnappen.at: Was sind dabei die ganz dringenden Themen, die man angehen muss?

Manfred Gerger: Egal welches Ranking wir hernehmen, wissen wir, dass wir beim Export von Deutschland und in weiterer Folge von Europa abhängig sind. In punkto Industrie liefern wir zu einem großen Teil der deutschen Autoindustrie zu. Die Deutschen aber tun sich schwer, eine vernünftige Regierung auf die Beine zu stellen. Das könnte sich negativ auf uns auswirken. Umso mehr muss es unser innigstes Zeil sein, den Standort Osterreich zu stärken, in dem wir diesen Exportanteil weiter ausbauen oder zumindest halten und punkto Steuern dafür sorgen, dass jedem Österreicher für seine Arbeit mehr Geld in der Tasche bleibt. Damit stärken wir die Kaufkraft und erzeugen einen wirtschaftlichen Aufschwung über den auch Wachstum generiert wird. Die notwendige Steuerreform ist daher ein ganz wichtiges Thema, wobei die Länder diese voll mittragen müssen. Mittelfristig muss die Abgabenquote auf 40% und in weiterer Folge auf 38% gesenkt werden und das ist mit dem Konzept der Industriellenvereinigung auch machbar.
 
 
Schnappen.at: Damit liegen sie eher auf der SPÖ-Seite, die schon ab  2014 Steuern senken möchte, während die ÖVP 2015 in Betracht zieht?
Manfred Gerger: Auf welcher Seite wir liegen ist uns egal. Es gilt für  uns je früher desto besser. Aber wir wollen nicht Steuern senken, um sie  woanders, wie bei der Vermögensbesteuerung, wieder zu erhöhen oder neu zu  schaffen.
Schnappen.at: Die Steuersenkungen sollen also über Einsparungen  finanziert werden? 
Manfred Gerger: Natürlich. Es gibt da viel Potential wie etwa in der  Verwaltung, um vernünftig zu sparen.  In der Steiermark verursachten  diesbezügliche Einsparungen Stimmenverluste bei der Wahl, da ein paar  Bürgermeister ihren Job verloren haben. Wenn man aber nüchtern vergleicht,  dass  Dänemark bei 6 Millionen Einwohnern 93 Gemeinden mit durchschnittlich  65.000 Einwohner hat und wir in Österreich 2350 Gemeinden mit 3.400 Einwohnern,  dann ist Handlungsbedarf gegeben, zumal im Burgenland 171 Gemeinden mit im  Schnitt nur 1.600 Einwohner existieren. Was also allein im strukturellen und  Verwaltungsbereich  einzusparen wäre, ist gewaltig.  In der Verwaltung  muss daher generell etwas geschehen. So kann es nicht weiter gehen.  
Wie schon erwähnt,  muss Österreich weiter wachsen,  um als international attraktiver Wirtschaftsstandort auch vermehrt Headquarter  Einrichtungen ins Land zu kriegen. Ansonsten bekommen wir Ableger und  verlängerte Werkbänke , die keinesfalls Garant für die Nachhaltigkeit eines  Firmen- oder Konzernstandortes sind.  
Schnappen.at: Wie liegen wir bezüglich solcher  Headquarter-Einrichtungen im internationalen Vergleich? 
Manfred Gerger: Leider schlecht und in den letzten Jahren mit stark  fallender Tendenz. Im internationalen Ranking sind wir da an 20.igster Stelle,  während wir früher auf Rang 11 gelegen sind.  
Schnappen.at: Was soll den Standort Österreich, abgesehen von  steuerlichen Erleichterungen, noch attraktiver machen? 
Manfred Gerger: Da sind ein springender Punkt sicher die  Lohnnebenkosten. Wir werden niemanden ins Land holen, wenn wir uns diesbezüglich  weiter international im oberen Drittel bewegen. Diese Kosten müssen spürbar  gesenkt werden.  Auch um jungen Leuten einen Schritt ins Unternehmertum zu  ermöglichen und diese nicht in Ballungszentren wie Wien abwandern zu lassen.  Generell muss daher mehr in Richtung Gründerservice und Start up Paket getan  werden. Anregende Rahmenbedingungen sollen junge Leute motivieren ihre Ideen  unternehmerisch in der Region umzusetzen.  
Im Burgenland, ist es oft viel zu schwer an Förderungen  heranzukommen.  
Es kann nicht sein, dass man ohne zu wissen, ob die  eigene Idee auch umsetzbar ist, zuerst den  Gewerbeschein und einen  Mitarbeiter vorweisen muss, um gefördert zu werden.  
Förderungen sollten auch nicht davon abhängen, wie man  politisch orientiert ist oder wie weit man jemanden kennt.
 
 
 
 

Ungenuetzte Millionen und Industrie im Burgenland

 
Schnappen.at: Wurden im Burgenland nicht zu lange die großen Betriebe und Konzerne gefördert und auf die Klein- und Mittelbetriebe vergessen?`
Manfred Gerger: Ich meine nicht, dass dies das Problem war. Vielmehr  sehe ich es in der Definition für förderwürdige Projekte bezüglich Nützlichkeit für Forschung und Innovation. Viel wurde in den letzten Jahren in Tourismus und  Weinbau investiert. Ein gut angelegtes Geld, wenn man auch die entsprechenden  Betreiber und Unternehmer findet und nicht Land und die WIBAG mit Anteilen eingebunden bleiben müssen.  
 
Mit - Facing out - ist die Förderphase 2013 vorbei und  für mich stellt sich die Frage, was eigentlich mit dem Geld passierte, dass auf  der Strecke geblieben ist. Wir hatten seinerzeit 50 Millionen Euro  zu  Verfügung. Die Hälfte davon ist mit Förderungen platziert worden, während die  andere Hälfte weiter im Topf liegt, der mit 2013 ausläuft und verfällt. Diese  vielen Millionen wurden einfach nicht genützt.  Man hat also viel Geld verschenkt, weil man nicht in der  Lage war, entsprechende Projekte zu definieren. Und nun ist die Zeit schon zu  kurz.
 
 
 
Schnappen.at: Wie ist die Industrie im Burgenland strukturiert? Wie  geht es ihr? 
 
Manfred Gerger: Im Grunde genommen, geht es uns laut letzter  Konjunkturumfrage gut und im Vergleich zu anderen Bundesländern sogar besser.  Generell  sehe ich zur Zeit aber eine stagnierende Seitwärtsbewegung ohne  Wachstum. Im Burgenland haben wir dazu insbesondere in der  Baubranche, sprich im Tiefbau, infrastrukturelle Probleme, die damit  zusammenhängen, dass in den Gemeinden die finanziellen Möglichkeiten geringer  geworden sind.
 
 
 
Schnappen.at: Was sind die Hauptsäulen der Industrie im  Burgenland? 
 
Manfred Gerger: Wir haben cirka 7000 Industriebeschäftigte, was bei  280.000 Einwohnern nicht so viel klingt. Aber man muss sagen, an den  Industriebbetrieben in der Region hängt einiges dran. So wie bei Hella mit rund  450 Mitarbeitern sorgen solche Betriebe dafür, dass in einem Einzugsgebiet von  rund 50 Kilometern viele Zulieferfirmen oder kooperierende Gewerbebetriebe   mitpartizipieren und profitieren. Die Wertschöpfungskette in der Region geht da  sehr tief.
 
 
 
Schnappen.at: Wie weit ist unsere Industrie mit den Nachbarländern  im Osten verknüpft? 
 
Manfred Gerger: Verknüpft kann man nicht sagen, aber wir haben z.B.  auch bei Hella einen Anteil an ungarischen Mitarbeitern. Aufgrund der  Facharbeiterproblematik greifen wir auf diesen Markt zurück, wobei die sehr gut  ausgebildeten Fachkräfte schon früher zu uns gekommen sind. Es gibt aber auch  Tochterunternehmen österreichischer Firmen, die in Ungarn angesiedelt sind und  uns zuliefern. So wie auch rein ungarische Firmen. Das geht auch weit über den  Grenzbereich hinaus.
 
 
 
 

Bildung, Ausbildung & Zukunft

 
Schnappen.at: Was muss aus Sicht der IV beim Thema Bildung  passieren? 
 
Manfred Gerger: Wir machen einfach zu wenig für unsere potentiellen  Lehrlinge. Man müsste die jungen Leute aufklären, dass ein Lehrberuf heute nicht  mehr vergleichbar ist mit jenem aus vergangenen Tagen. Es gibt sehr   attraktive Möglichkeiten und in weiterer Folge auch Lehre mit Matura, mit der  man nachher genau so weit ist wie mit einer berufsbildenden höheren Schule aber  schon etwas verdient hat.  Man kann danach auch studieren, wobei Betriebe  und Industrie dies unterstützen und oft auch die Kosten dafür übernehmen. Wir  bei Hellas machen damit sehr gute Erfahrung und unterstützen die Mitarbeiter oft  bis zur Erlangen eines akademischen Grades.
 
 
 
Schnappen.at: Ist das in der Industrie so üblich? 
 
Manfred Gerger: Durchaus, denn vor Jahren haben sich die größeren  Betriebe aus unserer Region im Südburgenland zu einem Cluster  zusammengeschlossen, der zum Ziel hat, benötigte Fachkräfte auszubilden.  Gemeinsam mit der Universität Linz mit Standort in Fürstenfeld bieten wir hier  Menschen aus der Region die Chance, sich in der Region fortzubilden. Es ist dies  eine win-win Situation für alle.  
 
Womit wir auch wieder bei einem „Geht doch“ Thema sind.  Denn vielen ist es nur möglich, sich weiter zu bilden, wenn sie in der Region  bleiben können und so wie in unserem Fall die Universität in die Region kommt.  Darüber hinaus vergeben wir aber auch noch Stipendien für interessierte junge  Menschen, die gewisse Kriterien erfüllen und nicht aus der Region sind. Dieses  frische Blut von außen tut uns, neben der Qualifizierung der eigenen  Mitarbeiter, ebenfalls sehr gut.
 
 
 
Schnappen.at: Viele Betriebe klagen, dass der Standard der  basisschulischen Ausbildung ihrer Lehrlinge oft erschreckend  tief ist. Wie  kann man das verbessern? 
 
Manfred Gerger: Das ist ein massives Problem. Wir stellen diese  Bildungslücken oft schon bei  Bewerbungsgesprächen und sehr einfachen Tests  fest.  
 
Das liegt aber nicht nur an den Lehrern, sondern auch am  generellen Umfeld der jungen Menschen.  
 
Abgesehen davon sucht die Industriellenvereinigung   immer wieder die Kooperation mit den Schulen, sei es über kleine gemeinsame  Projekte, Tage der offenen Tür und vieles mehr, um das Interesse der Kinder an  möglichen Berufen und somit auch am Lernen zu wecken. Leider werden diese  Angebote in den letzten Jahren von Schulen immer weniger angenommen.  Grundsätzlich müsste man Kinder schon im Kindergarten und in den ersten  Schuljahren mehr an die Technik heranführen. Da müssen aber auch die Eltern mit  im Boot sein.
 
 
 
Schnappen.at: Präferiert die Industriellenvereinigung gewisse  Schulformen 
 
Manfred Gerger: Nein, da wollen wir uns nicht positionieren. Uns geht  es nur um Inhalte, Flexibilität und Qualität in der Ausbildung. Wie diese am  besten umzusetzen ist, obliegt aber den Schulexperten bzw. auch der Politik des  Landes.
 
  
 
Schnappen.at: Wie sehen sie die Aussichten der wirtschaftlichen  Entwicklung generell und speziell für das Burgenland? 
 
Manfred Gerger: Ich würde es eher vorsichtig definieren. Es gibt  allgemein eine stagnierende Seitwärtsbewegung mit zarten Hoffnungsschimmern. Es  wird in den nächsten Monaten kein großes Wachstum geben, aber es ist auch kein  Grund für Depression. Die Beschäftigungszahlen zeigen, dass es nicht weiter nach  unten geht und die Lage zumindest stabil ist.  
 
Und mit „Geht doch“ wollen wir dahin wirken, dass  politisch die Rahmenbedingungen für Wachstum geschaffen werden.
 
 
 
 
 
 
 
 

 

 

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