Landes-Chef Niessl über Politik, Wirtschaft, das Heer & die Zukunft

HansNiesslLandeshauptmannBurgenlandFotoPrinzDer burgenländischeLandeshauptmann Hans Niessl feierte am 12. Juni 2016 seinen 65. Geburtstag. Im Gespräch mit SCHNAPPEN.AT blickt er auf seinen persönlichen aber auch den erfolgreichen burgenländischen Weg zurück. 
Er weist auch die Richtung in die sich Europa, Österreich und das Burgenland bewegen müssen, um den großen Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein. Landeshauptmann Hans Niessl über
  • seinen persönlichen und beruflichen Weg- hier
  • das Wirtschaftswachstum und die Angst um Arbeitsplätze - hier
  • Burgenlands Infrastruktur, Bildung und Tourismus - hier
  • die Politik, den Bundeskanzler und den Generationswechsel - hier
  • die Zukunft, die Wünsche und mehr Geld fürs Bundesheer - hier
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 Redaktion: Wilhelm Böhm 

Personalvertreter, Lehrer, Bürgermeister & Landeshauptmann

SCHNAPPEN.AT: Herr Landeshauptmann. Sie haben ihren 65. Geburtstag gefeiert. Hätten sie sich in jungen Jahren gedacht, einmal eine führende politische Position zu bekleiden, bzw. was war der persönliche Auslöser sich für die Politik zu entscheiden?

Landeshauptmann Hans Niessl: Geplant habe ich das in dieser Form sicher nicht. Ein politisch interessierter Mensch war ich aber immer schon und so hat sich das kleinweise entwickelt. Zuerst als Personalvertreter als Lehrer, dann mein vermehrtes Engagement in der Gemeinde und dann als sehr junger Bürgermeister. Aber einen politischen Karriereplan hat es nicht gegeben. Dafür ist das gesamte politische Geschäft zu schnelllebig!

 

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Die drei wichtigsten Buchstaben: TUN

 

LandeshauptmannNiesslBurgenland2016FotoWilhelmBoehmSCHNAPPEN.AT: Wie ist ihr Grundverständnis für die Funktion des Landeshauptmannes bzw. ist dies über all die Jahre gleich geblieben?

Landeshauptmann Hans Niessl: Es geht immer um 3 Buchstaben. TUN. Wir sind gewählt, um etwas positives für die Menschen in unserem Land zu bewegen. Bürgernähe, persönliches Engagement, Zuhören und dann mit Bestimmtheit Umsetzen. Diese Prinzipien gehören zu meinem täglichen Denken und zu meiner täglichen Arbeit. Egal ob als Bürgermeister oder Landeshauptmann.

SCHNAPPEN.AT: Was waren die absoluten Tief- und Höhepunkte in ihrer bisherigen Laufbahn als Landeshauptmann?

Landeshauptmann Hans Niessl: Persönliche Befindlichkeiten sollen keine große Rolle spielen. Das habe ich immer so gehalten. Aber natürlich gibt es immer "Up and downs". Die so genannte "PROFIL-Affäre" war schon sehr belastend, weil mit soviel Unwahrheiten gearbeitet wurde. Und natürlich freue ich mich, wenn, wie gerade bei einer Umfrage herausgekommen ist, dass über 70% der Mittel- und Südburgenländer mit meiner Arbeit als Landeshauptmann zufrieden sind.

SCHNAPPEN.AT: Europa befindet sich nach dem Austritt Englands in einer schwierigen Situation. Die Wirtschaft stagniert auch in Österreich. Viele Kriege und Flüchtlingswellen stellen ein weiteres bedrohendes Szenario dar. Wie weit muss sich der Burgenländer da existenzielle Sorgen machen?

Landeshauptmann Hans Niessl: Man kann das Burgenland natürlich nicht isoliert betrachten. Aber wir haben in den letzten 12 Monaten, gute Rahmenbedingungen für unser Heimatland geschaffen. Mit 2,2% verzeichnen wir das mit Abstand höchste Wirtschaftswachstum aller österreichischen Bundesländer. Weiters haben wir die besten Bildungstests österreichweit und im Tourismus konnten wir in den ersten 5 Monaten ein Übernachtungsplus von über 9% erzielen. Jedoch sind wir natürlich von der europäischen bzw- globalen Entwicklung abhängig. Daher ist es umso wichtiger, dass die EU endlich bereit, ist sich zu ändern. Wir brauchen hier klare Reformen. Das Prinzip der Subsidiarität muss besser gelebt werden. Jeder soll auf seiner Ebene die Dinge machen, die man am effektivsten erledigen kann. Hier gibt es noch jede Menge zu tun.Die großen Bereiche: Bekämpfung der europäischen Arbeitslosigkeit, Sicherung der EU-Außengrenze, europäische Steuergerechtigkeit und Klima- und Energiepolitik. Das sind Themen, die wir nur auf europäischer Ebene lösen werden können. Hier erwarte ich mir mehr Einsatz von allen.

 

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Wirtschaftswachstum und Angst um Arbeitsplatz

NiesslMoerbischFotoPrinzSCHNAPPENatSCHNAPPEN.AT: Wie kann Österreich gegen all diese Bedrohungen wirken? Ist man da am richtigen Weg?

Landeshauptmann Hans Niessl: Wir müssen versuchen und zwar mit allen vorhandenen Mitteln, die Institutionen der Europäischen Union zu stärken. Das braucht viel Energie und viele Reformen. Die Menschen müssen wieder das Gefühl haben, dass sich die EU in die richtige Richtung bewegt. Hier haben leider viele Menschen im Moment starke Zweifel.

SCHNAPPEN.AT: Gelingt es den Wirtschaftsstandort Burgenland auch künftig zu sichern? Was muss dafür geschehen?

Landeshauptmann Hans Niessl: Ich habe bereits erwähnt, dass wir 2015 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,2% die Nummer 1 in Österreich waren. Hier wollen wir stetig Rahmenbedingungen so gestalten, dass wir weiter diese guten Ergebnisse liefern. Der Handwerkerbonus beispielsweise war extrem erfolgreich. Viele burgenländische Unternehmen haben enorm profitiert. Die Verwaltungsreform ist ein wichtiger Schritt, um noch effektiver werden zu können und der neue Konzern Burgenland, mit den 150 Beteiligungen wird auch dafür sorgen, dass der Wirtschaftsstandort Burgenland weiterhin attraktiv bleibt. Wir werden 2016 im Schnitt wahrscheinlich zum ersten Mal über 100.000 unselbständig Beschäftigte im Burgenland haben.

SCHNAPPEN.AT: Wie stark ist die Bedrohung durch billige Arbeitskräfte aus dem östlichen Ausland für das Burgenland wirklich?

Landeshauptmann Hans Niessl: Das Burgenland ist einem besonders hohen Druck auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt. Innerhalb einer halben Autostunde leben über 1 Million Menschen in den Nachbarstaaten, die ein Drittel davon verdienen, was im Burgenland als Kollektivvertrag bezahlt wird. Natürlich entsteht so ein wahnsinniger Druck und natürlich sind sehr viele Burgenländerinnen und Burgenländer dadurch verunsichert. Ist ja verständlich, viele haben Angst ihren Job zu verlieren. Daher noch einmal in aller Schärfe. Die derzeitige Form der Entsenderichtlinie ist geradezu eine Anleitung zu Lohn- und Sozialdumping. Das benachteiligt unsere Arbeitnehmer und auch unsere regionalen Anbieter. Wie soll ein Malerbetrieb überleben können, wenn ausländische Firmen nicht alle Lohnnebenkosten usw. zahlen.? Natürlich ist das ein Wettbewerbsnachteil, denn der Betrieb aus dem benachbarten Ausland kann so immer billiger anbieten. Dem Vorarlberger Betrieb wird das nicht passieren, dass der Schweizer Betrieb billiger anbietet.

 

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Infrastruktur, Bildung und Tourismus

HansNiesslMoerbischFotoPrinzSCHNAPPENatSCHNAPPEN.AT: Welche Wege geht man zur Verbesserung der Infrastruktur und was ist dabei vorrangig?

Landeshauptmann Hans Niessl: Investitionen in die Infrastruktur sind für die Entwicklung einer Region ganz besonders wichtig. Wir haben hier bis zum Jahr 2020 2,8 Milliarden € zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um Gelder des Landes, des Bundes und auch der Europäischen Union. Das wollen wir so nachhaltig wie nur irgendwie möglich nutzen! 140 Millionen € werden jetzt in den Schulbau im Burgenland investiert. Die Kaserne in Güssing wurde um über 40 Millionen gebaut und das Krankenhaus Oberwart ist das größte Infrastrukturprojekt in der Geschichte des Landes.

SCHNAPPEN.AT: Als Bildungsreferent sind sie mit einem jahrelangen Stillstand am Bildungssektor in Österreich konfrontiert. Gibt es auch da einen burgenländischen Weg?

Landeshauptmann Hans Niessl: Hohe Qualität, gute Rahmenbedingungen für die Pädagogen und wohnortnahe Einrichtungen! So gelingt es uns, dass wir die besten Bildungsergebnisse in ganz Österreich haben. 2016 habe ich zum Jahr der Bildung gemacht. Unzählige Initiativen im Bildungsbereich werden erarbeitet und bereits umgesetzt. Ohne gute Bildung und Ausbildung werden wir im internationalen Vergleich keine Chance haben. Wir sind auf einem sehr guten Weg.

 

Tourismus: Mehr Geld für Vermarktung, weniger für Verwaltung

 

SCHNAPPEN.AT: Bedarf es für das Burgenland auch neuer Impulse im Tourismus-Bereich? Wohin muss man sich entwickeln?

Landeshauptmann Hans Niessl: Die Bilanz in den ersten 5 Monaten des Jahres 2016 ist hervorragend. 9,2% mehr Übernachtungen heißt, dass gute Arbeit geleistet wird. Zudem konnten wir mehr im Vorjahr als 923.000 Thermengäste alleine in den Thermen, die sich im Besitz des Landes befinden, wie die Sonnentherme Lutzmannsburg-Frankenau, die St. Martins Therme & Lodge oder das AVITA Resort, begrüßen. Für das heurige Jahr wird mit knapp 1 Million an Thermengästen gerechnet. Ein rein aus absoluten Tourismusprofis bestehenden Expertenrat wird uns ständig beraten und auf neue Entwicklungen hinweisen. Wir haben jetzt wesentlich mehr Geld für die Vermarktung und Bewerbung reserviert und weniger für die Verwaltung.

 

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Landeshauptmann Niessl über Politik, Kern und Generationswechsel

SCHNAPPEN.AT: Was halten sie vom neuen Bundeskanzler Kern? Kann er die Trendwende für die SPÖ schaffen und können sie seiner Einstellung beim Flüchtlings- und Asylthema zustimmen?

Landeshauptmann Hans Niessl: Der neue Bundeskanzler ist sehr gut unterwegs. Für die Bildung und die Forschung stehen in den nächsten Jahren 1 Milliarde € mehr zur Verfügung. Das ist gut für die Zukunft. Die Regierung muss einfach versuchen gut zusammenzuarbeiten. Für internen Streit und persönliche Empfindlichkeiten hat schon lange niemand mehr ein Verständnis. Wenn Ergebnisse kommen, dann wird die Stimmung für die Regierungsparteien auch wieder besser. Gerade im Sicherheits- und Asylbereich macht Minister Doskozil einen hervorragenden Job. Auch die Zusammenarbeit mit dem Innenminister scheint gut zu klappen.

SCHNAPPEN.AT: Warum haben sie sich entschlossen bundesweit den stellvertretenden Parteivorsitz der SPÖ abzugeben?

Landeshauptmann Hans Niessl: Ich war praktisch 15 Jahre in den höchsten Gremien vertreten. Es war Zeit für einen Generationenwechsel. Zudem wollte ich ein Zeichen setzen und die Stellung von Minister Doskozil stärken. Er ist wesentlich verantwortlich für die Sicherheit in Österreich und daher halte ich es für mehr als richtig, ihn innerhalb der SPÖ den Rücken zu stärken!

SCHNAPPEN.AT: Glauben sie, dass mit der ÖVP der angekündigte - new deal – und der neue Stil in der Regierung umsetzbar ist?

Landeshauptmann Hans Niessl: Die Bundesregierung wird mit guter und gemeinsamer Arbeit überzeugen müssen. Die Menschen in Österreich erwarten sich das und ich bin guter Dinge.

 

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Zukunft und mehr Geld fürs Bundesheer?

SCHNAPPEN.AT: Ist es richtig und für das Burgenland auch wichtig, dass das Bundesheer wieder mehr Geld bekommt?

Landeshauptmann Hans Niessl: Natürlich. Sicherheit ist den Menschen sehr wichtig. 90% der Burgenländer sind für Grenzkontrollen und den Einsatz des Österreichischen Bundesheeres. In den letzten Jahren wurden über 60 Millionen € im Burgenland investiert. Hier wird Minister Doskzil weiterhin einen Schwerpunkt setzen. Das ist den Burgenländerinnen und Burgenländern sehr wichtig! Und das weiß der Minister auch.

SCHNAPPEN.AT: Mit der FPÖ sind sie nun seit rund einem Jahr im Burgenland in einer Koalitionsregierung. Klappt alles so wie sie sich das vorgestellt haben und kann das Burgenland auch Vorreitermodell für den Bund sein?

Landeshauptmann Hans Niessl: Im Burgenland läuft es sehr gut. Die Zusammenarbeit ist geprägt von Respekt, Ehrlichkeit und dem Willen gemeinsam etwas für das Land erreichen zu wollen. Das spüren auch die Menschen im Burgenland. Über 67% sind mit unserer Arbeit sehr zufrieden und zufrieden. Das ist ein Topwert. Zudem sprechen die Daten und Fakten für uns. Höchstes Wirtschaftswachstum, zweithöchste Steigerung der Beschäftigtenzahlen, beste Bildungsdaten und enormen Aufschwung im Tourismusbereich. Wir müssen alles daran setzen, damit die Arbeitslosigkeit endlich sinkt. Das Burgenland ist mittlerweile in einigen Bereichen Vorreiter für Österreich. Zur Zusammenarbeit mit der FPÖ kann ich nur sagen, dass eine Abgrenzung sehr wichtig ist, eine Ausgrenzung aber aus meiner Sicht nicht zielführend ist.

SCHNAPPEN.AT: Welcher Wunsch möge zum 65. Geburtstag in Erfüllung gehen?

Landeshauptmann Hans Niessl: Das Wichtigste ist Gesundheit. Und ich fühle mich zum Glück sehr gut!

 

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